Liebe Kolleginnen und Kollegen,
wir sind sehr gespannt auf die 56. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie im Rahmen des 135. Jahreskongresses der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie und laden Sie ganz herzlich nach Berlin in den CityCube ein. Das Motto des Kongresses
„Tradition – Innovation – Globalisierung“
charakterisiert den Spagat zwischen der Treue zur chirurgischen Schule und dem Glauben an den medizinischen und technischen Fortschritt, den wir in der globalisierten Welt in internationaler Zusammenarbeit erreichen können.
Das Jahr 2018 wird für die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) einen besonderen Platz in der Historie erhalten, da erstmals ein Kinderchirurg als Präsident der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie (DGCH) amtiert. Wir sind stolz darauf, dass Prof. Dr. Jörg Fuchs in dieses Amt gewählt wurde, zeigt es doch nachdrücklich seine hohe persönliche chirurgisch-fachliche Anerkennung, aber auch die Akzeptanz unserer Fachgesellschaft als wichtiges Instrument im Konzert der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie.
Tradierte
Behandlungsmethoden haben als Goldstandard Charme und werden ungerne verlassen. Es gibt geniale Eingriffe, die sich über 100 Jahre ohne wesentliche Variation mit exzellenten Langzeitergebnissen bewährt haben. Aber das mechanistische Denken des Chirurgen lässt pathophysiologische Gegebenheiten außer Acht und gibt Anlass zum Umdenken. Auf der anderen Seite gehören
Innovationen
in Diagnostik und Therapie stets hinterfragt und im Langzeitergebnis überprüft. Vermehrte Diskussionen im internationalen Kontext bringen uns weiter. Dieses Jahr diskutieren wir in erster Linie mit Kollegen aus Spanien als Gastland.
Eine eindrucksvolle Initiative zur
Globalisierung
vonseiten der Europäischen Kommission stellen die „European Reference Networks“ dar, um überall in Europa die bestmögliche Medizin für jeden zur Verfügung stellen zu können und den „Medizintourismus“ einzudämmen. Neu ist die Stimme und Meinung der Betroffenen: was benötigen Kinder und Ihre Eltern wirklich und an welchen Stellschrauben müssen wir künftig drehen. Zu dieser Thematik werden wir international mit vielen Beteiligten diskutieren.
Zur
innovativen
Veränderung tradierter Verfahren sollten Sinn und Unsinn stets hinterfragt werden, wie in interdisziplinären Sitzungen mit den Unfallchirurgen die Behandlung der distalen Unterarmfraktur bzw. mit den Thoraxchirurgen die minimal-invasive Thoraxchirurgie bei Kindern. In der Sitzung zu den Bauchwanddefekten beleuchten wir Tradition versus Innovation. Weitere Themen sind die Kinderonkochirurgie, ein Update zur Hypospadiechirurgie und Herausforderung der globalen Entwicklungshilfe.
Nicht zuletzt ist die DGCH-Jahrestagung ein wichtiger Fort- und Weiterbildungskongress für die nächste Generation, die mit vielen Symposien, Workshops und einer Sitzung des Forums „Junge Kinderchirurgie“ aufwartet. Wir hoffen auf eine zunehmende Beteiligung unseres Nachwuchses!
Die DGKCH, gegründet 1963, kann selbstverständlich nicht auf eine solch lange
Tradition
wie die DGCH zurückschauen. Viele klinische Einrichtungen feierten in den letzten Jahren ihr 50-jähriges Bestehen, die Geschichte der deutschen Kinderchirurgie ist mit wenigen Ausnahmen eine Nachkriegsgeschichte. Trotzdem gibt es bereits gewachsene Traditionen, das zeigen die bereits 56. wissenschaftliche Jahrestagung oder der 27. Jahrgang des European Journal of Pediatric Surgery (früher: Zeitschrift für Kinderchirurgie mit weiteren 45 Jahrgängen) ebenso an, wie manche universitäre kinderchirurgische „Schule“ (z.B. München, Leipzig, Hannover, Tübingen). Daneben wird die Kinderchirurgie in Deutschland aber traditionell auch durch große und starke kommunale Kliniken geprägt wie Hamburg-Altona, Bremen, Dortmund, Köln, Karlsruhe, Stuttgart, München-Schwabing und andere. Es ist eine der „jungen“ Traditionen, dass die DGKCH zum 6. Mal ihre Jahrestagung am Chirurgenkongress abhält und damit einen bewussten Schritt in die chirurgische Familie hinein gemacht hat.
Trotz oder wegen dieser noch begrenzten Tradition war die DGKCH immer offen für
Innovation
. Die minimal-invasive Chirurgie hat bis hin zu den Neugeborenen einen Siegeszug erlebt, die Veränderungen in der Kindertraumatologie waren durch die elastisch-stabile intramedulläre Nagelung und die Entwicklung anderer kindgerechter Implantate in den letzten Jahrzehnten und bis heute noch bahnbrechend, die Neugeborenenchirurgie ist von der Notfallchirurgie zur elektiven Rekonstruktion mutiert und in der Kinderurologie hat die Erkenntnis manch spontanen Sistierens von Symptomen zu gezielterer und selektiverer Indikationsstellung zur Operation geführt. Viele dieser Aspekte werden auf dem Kongress erneut diskutiert werden.
Dabei hat unsere Fachgesellschaft ein offenes Auge für die
Globalisierung
. Wir sind stark in der IPEG (International Pediatric Endosurgery Group) vertreten, der internationale „Colorectal Club“ hat mehrfach in Deutschland getagt, es gibt vielfältige Beziehungen zum kinderchirurgischen Forschungszentrum in Dublin und eine enge Kooperation mit der AO International im Bereich der Kindertraumatologie. Besonders aber haben wir in der kinderchirurgischen Weltgesellschaft WOFAPS unseren Platz eingenommen durch die ehrenhafte Ausrichtung der WOFAPS-Tagung 2013 in Berlin unter dem Kongresspräsidenten Prof. Jörg Fuchs und die Berufung von Prof. Dr. Udo Rolle (Frankfurt) als europäischen Vertreter in den WOFAPS-Vorstand. So war es kein Problem, namhafte Kollegen aus dem europäischen und außereuropäischen Ausland zum Kongress einzuladen und mit ihnen die aktuellen Entwicklungen zu beleuchten.
Aus einer überschaubaren
Tradition
heraus offen für
Innovationen
sein und bleiben und sich dabei
global
zu vernetzen und auszutauschen ist der Geist, aus dem heraus wir die deutsche Kinderchirurgie weiterentwickeln wollen. Dabei gilt es, traditionelle Grenzen teils zu sichern, teils aber auch zu überwinden. In der eigenen Fachgesellschaft wollen wir innovativ in Verbünden und kollegialer Kooperation die Qualität sichern. Dabei sind internationale Mitarbeiter zu integrieren und grenzüberschreitende Zusammenarbeit zu intensivieren.
Für alle diese Aspekte möge der anstehende Kongress neue Einsichten, zukunftsträchtige Erkenntnisse und zielführende Gespräche mit den verschiedensten nationalen und internationalen chirurgischen Freundinnen und Freunden bringen und uns allen ein bleibendes Erlebnis unter der Präsidentschaft unseres kinderchirurgischen Kollegen Prof. Dr. Jörg Fuchs sein.
Wir freuen uns sehr, Sie in Berlin begrüßen zu können.